Dein Selbstbetrug6 min read
Du weißt, dass du dich belügst, oder? Wir alle machen das. Ich persönlich tue das beispielsweise jeden Tag aufs Neue, wenn ich mir meine To do-Liste erstelle. Da packe ich nämlich regelmäßig viel zu viel rein. Immer mit der Hoffnung, diesmal alles zu schaffen. Dabei müsste ich es eigentlich besser wissen. Viel besser sogar! Denn ich praktiziere das Ganze ja schon seit Jahren und hätte jede Menge Gelegenheit gehabt, etwas daraus zu lernen. Trotzdem sind meine To do Listen nach wie vor unrealistisch lang. Das einzige, was ich gelernt habe, ist, es gelassener hinzunehmen, dass ich nicht alles schaffe.
Ich könnte jetzt natürlich eine jahrelange Psychoanalyse durchlaufen, um herauszufinden, welcher Teufel mich reitet, mich jedesmal wieder neu mit Erwartungen an mich selbst zu überfrachten, um mich dann selbst zu enttäuschen. Irgendeinen Grund wird dieses Verhalten ja wohl haben. Aber ehrlich gesagt, ist mir dieser Grund ziemlich egal. Ich kann mit meiner Macke ganz gut leben und habe Wichtigeres zu tun, als dieser Frage mit aller Konsequenz nachzugehen.
Und so täusche ich mich fröhlich weiter, indem ich mir jeden Morgen aufs Neue mehr zutraue, als ich realistischerweise schaffen kann. Meine tägliche kleine Selbstlüge. Sie ist vergleichsweise harmlos und wird mich nicht das Leben kosten.
Manche Selbstlüge ist tödlich!
Das ist aber nicht in jedem Fall so. Es gibt durchaus Selbstlügen, die das Leben kosten können. Viele Menschen, die ihren Job hassen, reden sich zum Beispiel ein, dass es zu diesem Job keine Alternative gäbe. Sie spüren deutlich, dass dieser Job nicht das Richtige für sie ist. Sie wünschen sich etwas anderes. Aber sie versuchen sich selbst davon zu überzeugen, dass die Situation im Grunde gar nicht so übel ist. Sie sagen sich selbst Dinge wie: „Ach, das ist nur eine Phase.“ Oder „So schlimm ist es ja gar nicht. Andere wären froh, an meiner Stelle zu sein.“ Oder „Jeder hat mal ein paar schlechte Tage.“ Oder „Ich brauch nur mal eine kleine Auszeit, dann wird das schon wieder.“ Oder auch: „Was ich mir wünsche, ist doch unrealistisch!“
Andere sind überzeugt, dass sie nichts Besseres bekommen werden, weil sie es nicht verdient haben, da sie nicht gut genug sind. Und wieder andere denken sich, sie hätten ja noch viel Zeit, in Ruhe darüber nachzudenken und verschieben die Entscheidung auf unbestimmte Zeit.
Dieses Muster zeigt sich natürlich nicht nur bei Menschen, die in ihrem Job unglücklich sind. So etwas gibt es u.a. auch in unglücklichen Beziehungen. Man redet sich ein, alles sei halb so wild, und dass es in jeder Beziehung Schattenseite gäbe. Und man sitzt es aus. Jahrelang. Ohne dass irgendetwas besser wird.
Dieses Muster zeigt sich nicht zuletzt auch im Umgang mit der eigenen Gesundheit. Neulich habe ich zufällig einen amerikanischen Fernsehsender gefunden, der eine Sendung über extrem fettleibige Menschen ausstrahlt. Dabei werden Personen gezeigt, die 300 kg und mehr auf die Waage bringen. Sie können sich entweder gar nicht mehr oder nur unter großen Schmerzen bewegen und haben ohne professionelle Hilfe keine Überlebenschance. Aber solch ein Gewicht futtert man sich nicht über Nacht an. Wie oft mögen diese Menschen sich eingeredet haben, dass alles gar nicht so schlimm sei und dass sie ihr Gewicht schon wieder in den Griff bekommen würden. Sie hätten jeden Tag die Chance gehabt, etwas gegen ihr Übergewicht zu unternehmen, sie hätten sich hunderte Male schon Hilfe holen können – aber sie haben nichts zu ihrer Rettung unternommen. Sie haben sich stattdessen weiter selbst belogen.
Der Selbstbetrug hat Methode
Das ist ein generelles Muster. Man weiß genau, dass eine Situation nicht gut für einen ist. Man spürt den Veränderungsbedarf. Und redet sich die Sache trotzdem schön. So läuft man sehenden Auges in sein Verderben.
Wer dieses Muster konsequent fortführt, stellt eines Tages fest, dass Jahre verstrichen sind. Zeit, in der man nicht glücklich gewesen ist, Jahre, während der man seine Sehnsüchte nicht ernst genommen hat. Man hat sich vor der Entscheidung gedrückt und weiter gelitten.
Versteh mich nicht falsch: Ich behaupte nicht, dass du dir jeden Wunsch erfüllen sollst. Es wäre beispielsweise denkbar, dass du einen Job behältst, für den du nicht brennst, weil er dir Annehmlichkeiten bietet, die dir wichtig sind. Dann hast du eine klare Entscheidung getroffen, und das ist okay. Du belügst dich nicht, siehst den Dingen ins Auge, du bestimmst, wie es weitergehen soll und gehst dann konsequent diesen Weg. Aber du machst dir nichts vor. Du zahlst bewusst einen Preis und erhältst dafür etwas, das dir zumindest vorläufig wertvoller ist als die Erfüllung deiner Sehnsucht. Das ist in Ordnung, wenn es sich für dich stimmig anfühlt.
Alles ist besser, als wenn du dich selbst belügst und damit wertvolle Lebenszeit vergeudest.
Wann und wie belügst du dich selbst?
Jeder von uns macht sich hin und wieder etwas vor. Manchmal ist der Selbstbetrug harmlos. Aber nicht immer! Gibt es womöglich eine Lüge, mit der du dir selbst schadest? Dann solltest du aufhören, dir etwas vorzumachen und stattdessen etwas ändern. Komm ins Handeln!
Wenn du dir noch nicht sicher bist, wie du es schaffst, auf die Lüge zu verzichten, wenn du vielleicht Angst hast, dich der Realität zu stellen, wenn du noch nicht weißt, wie es weitergehen soll, kann ich dir beistehen. Lass uns darüber sprechen, wie es für dich weitergehen könnte.
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